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Sonntag, 15. November 2009

Frivol ist,


Frivol ist,
wenn man das, was man so gerne sagen wollte, nicht erwähnt,
doch alle Welt versteht, was man nicht sagte



In Worten darf man gerne wühlen,
so lange man sie in sich wahrt
und nicht als Ausdruck von Gefühlen
zu fremder Tugend offenbart.

Ich preise meines Weibes Schöne,
die schmeichelnd ich mit Lob bedecke,
mit Süßholzraspelei verwöhne,
dass ihr Verlangen ich erwecke.

Wenn diese Worte ich verwende
für meine Nachbarin, die süße,
ist’s Liebesmüh, die ich verschwende,
da es ihr reicht, wenn ich sie grüße.

„Mir reicht es“ sagte sie mir trocken,
als ich galant mich zu ihr beugte,
das haute mich aus meinen Socken,
obwohl’s ein Leistenkribbeln zeugte.

„Ihr Kribbeln können Sie behalten,
mein Untermieter kribbelt besser,
so brauch ich keinen Plapperalten“
Sie gab mir einen leichten Stesser,

so dass ich auf der Stiege glitt.
Ich stürzte, brach mir einen Knöchel,
wonach ich viele Wochen litt.
Mein Liebeswimmern, ein Geröchel,

an das kein holdes Wesen glaubte,
nicht einmal meine treue Frau,
die mit dem Nachbarn turteltaubte.
Ich weiß nicht, was sie tun genau,

doch denk ich, dass er sich befreit
vom Kribbeln, das sein eignes Weib
dem Untermieter gern verzeiht,
beim Turteln auf dem weißen Leib,

den meine Gattin mir versagt,
so dass mein Kribbeln halb verdorrte.
Ich lächle dümmlich und verzagt
bewahr ich in mir jene Worte,

die ausgesprochen nur zerstören
mein körperlich und geistig Wohl!
Von Turteln will ich nichts mehr hören,
denn dieses Wort scheint mir frivol.




Kn 58 (385) für Sippung vom 19. des Lethemondes a.U. 150
unter dem Motto „Frivoles für alle“



Donnerstag, 12. November 2009

Ablauf

Ich weiß, ich kann die Welt nicht umgestalten
und könnte ich es auch, ich wollt' es nicht,
drum bleibt die Welt, so wie sie ist, beim Alten:
zwar täglich jüngster Tag, doch kein Gericht!

Die Zeit ist schlecht, das wird man nicht bestreiten,
und das gilt ganz besonders für das Heut',
wir können unser Leben nicht bereiten,
das sich so bietet, wie es sich uns beut.

Stets gleiche Runden, gleiche alte Fiasken,
als wäre diese Welt ein Karussell,
auf dem wir selbst sind jene bunten Masken,
die nimmermüde treten auf der Stell.

Dann stellt vielleicht der Ringelspielbesitzer
ab die Musik und unser Drehen verhält.
Doch keiner weiß warum, ob einen Witz er
sich dabei denkt oder vergisst die Welt?

Dann sind auch wir so ziemlich bald vergessen,
es sitzen andre, wo wir früher saßen,
die wie wir fluchen oder lieben, essen
und träumen von dem Glück, das wir vergaßen.

Dann ist auch das vorüber und vorbei,
der Ton des alten Grammophons vergeht,
und niemand fragt mehr, warum es so sei,
dass jetzt auf allen Uhren Zero steht.

Wie könnte dies auch zur Erregung führen,
da solches sich nur gibt in Fleisch und Blut
und leere Schatten einzig Leere spüren.
Es wächst und reift das Nichts, wenn sich nichts tut.

Dieser Text wurde am 9. des Windmondes a.U. 150 in der Lulutetia Parisiorum gefechst und dies als erste Fechsung des Verfassers in seinem neuen Rang als Junker Rudolf.