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Mittwoch, 13. Oktober 2010

Der trunkene Knappe vor einem Quell

   
Vor dem Quelle saß der Knappe,
blies den Schaum in Kringeln fort,
die sich auf das Tischtuch legten
und sein Mund fand klagend Wort:

Ach wie viele lange Monde
muss ich harren auf den Tag,
da man mich erhöht zum Junker,
wünscht es der Schlaraffenrat.

Fragt nicht, warum ich verzage,
der Gestrenge ist zu streng,
Selbst wenn ich zu hoffen wage,
bleibt der Ausblick trist und eng.

Dabei wär dies erst ein Schritt
hin zu jenem Ritteradel,
der mir hier entgegen tritt,
glanzvoll, würdig, ohne Tadel.

Bin zum Warten auserkoren.
Um den Junkertisch zu schmücken,
lässt man mich als Knappe schmoren,
Quell mein einziges Entzücken.

Komm, du goldener Gerstensaft,
glucks durch meine Eingeweide,
was soll mir die Ritterschaft?
Niemand tröstet mich im Leide.

Hört Schlaraffen, Freunde hört,
falls im Schmerze ich vergeh,
weiß ich, dass dies niemand stört.
Trockne Träne und Ehé!

Jk Rudolf (385) 1. des Erntemonds a.U. 151


Was für jeden, der eine deutsche Schule besuchte, gleich klar wird, ist für jene Schlaraffen, die eine andere Schulbildung durchmachten, nicht evident, und daher will ich für diese Freunde darauf hinweisen, dass ich hier eine Vorlage unseres großen Dichters Friedrich von Schiller (1759-1805) persiflierte - was er mir sicherlich verziehe - nämlich das auch von F. Schubert vertonte Gedicht
 
Der Jüngling am Bache

An der Quelle saß der Knabe,
Blumen wand er sich zum Kranz,
Und er sah sie fortgerissen,
Treiben in der Wellen Tanz: –
 
“Und so fliehen meine Tage
Wie die Quelle rastlos hin!
Und so bleichet meine Jugend,
Wie die Kränze schnell verblühn.
 
usw

Mühsame Frivolität

   
Dass alle, die nur darauf warten,
dass ich auf meiner eignen Schmiere gleite
und mir den Hintern wund schlag auf dem harten
Pariser Pflaster, rücken auf die Seite!

So kann ich freier Atem holen
und freier reden, gestikulieren,
indess die Blicke, leicht verstohlen,
in manchem Ausschnitt sich verlieren.

Verdammt, ich habe mich geirrt,
die Lust, sie gaukelt vor mir Leiber,
mit vollen Brüsten, so dass ich verwirrt,
erblick in Euch, Ihr Sassen, Weiber.

Entfliehen muss ich diesem Wahne,
schon brennen heiß vor Gier die Sohlen,
heut reizt mich, Herrlichkeit, kein Ahne,
im Venusberg kannst, Uhu, Du mich holen.

Doch langsam, bitte, lass Dir Zeit,
bis ich mein Sinnenfieber abgekühlt,
und das, zu dem ich glaubte mich bereit,
ward von der Lethe grausam weggespült.

Im schweren Schädel noch den Widerhall
vom Singsang einstiger Sirenen,
von Wollust, Liebe, Place Pigalle,
von Trunkenheit und Reuetränen?

Ich will Euch nicht mehr hören, schweigt,
was Ihr mir schenktet, wurde bitter,
als sich das Alter mir gezeigt.
So lacht doch, Knappen, Junker, Ritter!


Jk Rudolf (385) Lulutetia Parisiorum im Lethemond a.U. 151. vorgesehen für die 1022. Sippung mit Thema "Pigalle, Pigalle, Frivoles für Alle"