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Montag, 21. Oktober 2019

Die umstrittene Dame


Im Gegensatz zu dem, was fordern die Roten,
Ist im Jenseits die Gleichmacherei verboten.
Die elysischen Gauen sind streng parzelliert
Und für Eliten zumeist reserviert.

So treffen sich dort im Élysée
Galgenstrick und Sganarelle
Zum Aperitif im Künstlercafé
In einer Heroen geweihten Parzelle.

Prosit hört man, vielleicht auch Ehé?
Schwer sind Gemeinsamkeiten zu finden,
Wenn was einen erfreut, dem andern tut weh!
Kann man Bosheit mit Lob schmeichelnd verbinden?

Wer eröffnet den Disput, die Konversation,
Schlägt wie im Turnier den ersten Hieb?
Da kein Schiedsspruch erfolgt von einem Thron,
Nimmt man mit Spielkartenwahl vorlieb.

Galgenstrick greift zu und zieht eine Dame,
Sganarelle wird wütend, erst rot und dann blass,
Er befürchtet, man glaube sein Mannsein erlahme.
Er atmet kurz durch und zieht sich - ein As!

Dem Galgenstrick scheint das Blut zu gerinnen,
Denn seine Dame hat er nun verloren,
Ihm scheint, als könne er niemals gewinnen,
Sei vom Schicksal stets zum Verlierer erkoren:

Muss ich die Gespielin immer noch teilen,
Selbst jetzt noch, wo ich bei den Seligen bin?“
Klagt er und lästert, „will mich nicht beeilen,
Hab die Dame selbst zu beglücken im Sinn,

Bevor ich sie an das As weiterreiche,
Dass er sie beglücke, der Schmierenkomödiant.
Ich bleibe der Arme, er ist der Reiche,
Weil er sich einen Fürst zum Mäzenen fand.

Die Aristokraten liebten, wenn man sie parodierte,
Was sie meist nicht verstanden und den Hohn oft belachten.
Wahrend meine Poesie sie bisweilen irritierte,
Sie mich verbannten, entfliehen machten.

Du Komödiant trink weiter und genieße,
Dass das, was du tust, du tust wider Willen.
Doch wenn du vermeinst, dass ich dich priese,
Dann freut es mich, dir diese Hoffnung zu killen!“

Ach lieber Poet, uns trennen nicht nur
Zwei Jahrhundert mit anderen Sitten und Gebräuchen.
Wenn auch jeder von uns hinterließ seine Spur,
so fließt unser Wein aus verschiedenen Schläuchen.

Ich war aber niemals ein Kostverächter.
Drum schätze ich, was du mir unwillig geschenkt.
Du bleibst Eigner der Dame, ich bin nur ihr Pächter
Und unser Disput sei im Cognac ertränkt.“

Auf mächtigen Flügeln rauschte vorbei
Als Engel Apollo in leuchtender Pracht.
Er verdeckte den Austausch zwischen den zwei
Und hat damit den Fechser um die Pointe gebracht




Das Thema war Anekdoten über unsere Ehrenschlaraffen mit Witz, Geist und Humor. Da das Reych nur 2 Ehrenschlaraffen hat, nämlich François Villon (Galgenstrick) und Moliere (Sganarelle), wusste ich keine Anekdote, und so ließ ich den Dichter, der wohl auch Zuhälter war, auf den Theatermann treffen.