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Mittwoch, 4. August 2010

Der Sprung in das Quell

   
„Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp,"
den Junker hat Schiller leider vergessen,
„ohne abzusetzen zu stürzen hinab
seine Gurgel ein Doppelmaß Quell, gut bemessen?

Wem solches gelingt und ohne Ersticken,
den lade am Sonntag als Gast  ich zu mir.
Da darf er dann meine Burgmaid erblicken,
oder auch mehr, wenn er bleibt Kavalier.”

Der Fungierende sprachs und der Mundschenk den Styx
für den Tjost ein Großmaß zu füllen bat.
Der tat wie geheißen recht hurtig und fix
stand der Humpen voll Quell schon parat.

Ein doppeltes Maß, das ist mir zuviel,
so dachten im Stillen manche der Sassen.
Des Fungierenden Burgmaid, was soll ich mit ihr?
Viel sicherer ist es beim Wettkampf zu passen.

„Hört Schlaraffen!” erklangs von der Junkertafel,
wo der Junkermeister begehrte das Wort
für den Junker, bekannt für sein Fechsungsgeschwafel,
der sich gemeldet zu einem Rapport.

„Ob ich für den Preis bin würdig und reif,
das will ich in diesem Wettkampf beweisen,
und so wie ich jetzt nach dem Humpen greif,
will ich fürderhin Rudolf der Trinkfeste heißen.”

Er schritt auf den Thron, den prächtigen, zu
und verneigt sich dreimal, die Arme gekreuzt,
dann rief er: „Gebt Gunst mir, erhabener Uhu!"
Gerührt hat sich mancher schnell heimlich geschneuzt.

Das Junkerlein nahm das Glas in Empfang,
dass der Styx bis zum Rande mit Quell gefüllt,
dann atmet er tief, dann atmet er lang,
wie ein Raubtier, bevor zu erschrecken es brüllt.

Er beginnt das Quell in die Kehle zu gießen,
und die Sassen schweigen bewundernd und schauen,
wie das Quell in den Junker nicht aufhört zu fließen,
und der Zweifel macht Platz dem bewundernd Vertrauen.

Das Quell aber fließt in den Junker hinein,
als wär er ein riesiges Fass ohne Boden,
obwohl er eher schmächtig und klein,
in seinem Rock aus verschlissenem Loden.

Nun finden die Stimme die Sassen wieder:
„Seht nur, er schafft es, es wird ihm gelingen,
diese Kühnheit, der Durst, wie tapfer, wie bieder..."
so will jeder dem Junker ein Loblied jetzt singen.

Leer ist das Glas und der Junker tritt stolz
hin vor den Thron, ruft „Lulu!” und verneigt sich.
Nun wissen die Sassen,  aus welchem Holz
er geschnitzt ist, wie es im Wettkampf gezeigt sich.

„Wahrlich, Ihr habt Euch wacker geschlagen
und verdient Eure Ladung in die Heimburg zu mir,
doch wollt Ihr Euch nochmals zum Tjoste wagen,
erwirkt Ihr Euch damit das höchste Pläsier.

Wenn es Euch gelingt,” so verkündet vom Throne
des fungierenden Herrlichkeit strahlende Pracht,
„ein zweites Großmaß zu leeren, zum Lohne
wird Euch dann zuteil, was noch nie ward vollbracht:

Ihr Junker sollt dann aus dem Aha Euch laben,
was strenge verboten im Ceremoniale.
Ich hoffe, Aha wird Verständnis haben,
und nicht ahnden, wenn Ihr verletzt das Sakrale.”

Die Burgmaid der Herrlichkeit nur zu erblicken?
Sie zu erkennen, das lohnt sich vielleicht.
Was bieten schon solche verwöhnte Zicken,
da doch eine der anderen gleicht!

Aber als Junker aus dem Aha zu laben,
einmalige Ehre, die nie noch gewährt.
Ich will, ich muss diese Auszeichnung haben:
„Ich wage es, schnell sei der Humpen geleert!”

In die Kehle beginnt er das Quell sich zu gießen,
und die Sassen schweigen bewundernd und schauen,
wie das Quell nicht aufhört, in den Junker zu fließen
und wieder verdrängt den Zweifel Vertrauen.

Leer ist der Humpen, der Junker ist voll.
„LuLu, Lulu!” erhebt sich ein Tosen.
Auf die Tische tappen die Sassen wie toll,
„Lulu dem Junker, Lulu dem Famosen!”

Wie der zweifache Sieger sich grüßend verneigt
erneut vor des Thrones strahlender Runde,
eine grässliche Übelkeit in ihm aufsteigt,
und er flüchtet, die Hand vor dem Munde,

dorthin, wo selbst Könige gerne allein,
was zu viel, aus dem Leibe entlassen.
Dort sperrt er sich schnell mit dem Riegel ein.
Die Muschel kann kaum, was er abgibt, erfassen!

Zu schwach, um zu flüchten aus dem Abort,
bleibt der Junker dort hocken, bis die Sippung zu Ende,
und schwankenden Fußes, den Blick schwarz umflort,
er heimlich verlässt das blamable Gelände.

Den Magen verdorben, das WC angestieben,
den Aha versäumt: was ist ihm geblieben?
Man nennt es wohl Hybris, wenn nie zufrieden
man nach etwas strebt, das uns nicht beschieden.

Drum liebe Freunde, Schlaraffen und Sassen,
seid klug und nehmt, was Ihr schon gewonnen,
und trachtet Euch nur nicht verführen zu lassen,
mehr zu verlangen, als Euch zusteht an Wonnen.

Er wollte mehr, das bekam ihm nicht gut,
Uhus Gunst, die wollt er verschwenden!
Bedenkt, was immer im Leben Ihr tut:
Auch Helden können im Scheißhaus enden.


Jk Rudolf (385) im Erntemond 151, vielleicht auch als Ausrittfechsung bei einer ES Funke Sippung